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CLAUDIA BERTINI // JASON KLIMATSAS

BolteLang

Limmatstrasse 214
Zürich, Switzerland

 

OPENING:

thursday 11th of may 2017 18-21

SALE:

12th until 14th of may, fr 12th 11-19, sat/sun 11-18

17th until 21th of may, wed/thu 11-19, sat/sun 11-18


 

Claudia Bertini und Jason Klimatsas

Zum dritten Mal präsentiert Claudia Bertini ihre Entwürfe während einiger Tage in einem Pop Up in Zürich. Auch dieses Mal lädt sie einen Künstler ein, mit ihr den Ausstellungs- und Verkaufsraum zu gestalten. Nach Cristian Andersen und David Renggli, zeigt nun Jason Klimatsas fotografische Arbeiten neben einer architektonischen Skulptur, die gleichzeitig Präsentationsfläche für zahlreiche Kleidungsstücke darstellt. Die Idee, Design und Kunst zu vereinen und einander gegenüber zu stellen, funktioniert auch in dieser Konstellation perfekt: charismatische, formstarke, teils melancholisch lichtdurchflutete Fotografien treffen auf die in Farben und Formen verwandten textilen Entwürfe Claudia Bertinis. Sowohl für die Designerin wie für den Künstler sind Themen der Transparenz, Klarheit, Formvollendung, Minimalismus in Form und Materie, sowie Freiheit und Zeitlosigkeit Grundsteine ihrer Ideenfindung. Die BesucherInnen dürften in ein kohärentes Universum von Stofflichkeit und Farbigkeit eintauchen.

Neben dem Interesse für zeitgenössische Kunst, lassen sich die Inspirationsmomente
Claudia Bertinis vor allem in der Filmgeschichte und der mediterranen Küstenromantik finden. Anspielungen an die Frauenfiguren des Film Noir und des Neorealismo der 40er bis 50er Jahre in Hollywood, Frankreich und Italien schwingen in den klug geschnittenen, geschmackvoll sportlichen Silhouetten mit. Diese Frauen traten als selbstbestimmende und emanzipierte Charakteren hervor und stellten die Männer nicht selten in den Schatten (Spellbound, 1945 oder Stromboli, 1950). Auch die Hitchcock- und Rossellini-Frauen kleideten sich in einfache, unaufgeregt hochwertige und smarte Kleidungsstücke ohne ein weibliches Erscheinungsbild einzubüssen.
Trotz raffinierten Schnittführungen und Faltungen basieren auch Claudia Bertinis Kleider primär auf einfachen Formen und umspielen den weiblichen Körper mit fliessend weichen Volumen und subtilen Details. Dabei werden die hochwertigen Materialien – Leinen, Wolle, Baumwolle und Seide, aus meist italienischer Produktion - und die präzis gewählten Farben gekonnt eingesetzt. Nach wie vor dominieren sanfte helle und klare dunkle Farbnuancen, nur hier und dort taucht knalliges Rot oder Violett auf.
Welche Frau hüllt sich nicht gerne in die Stoffe und Formen, die ein starkes, unangepasstes, charismatisches und gleichzeitig sehr weibliches Frauenbild verkörpern? Mit wenigen Handgriffen ist es einer Frau der 2010er Jahre möglich, in diverse Rollen zu schlüpfen und zum Beispiel eine verheissungsvolle Filmdiva à la Ingrid Bergman oder Tilda Swinton zu mimen, ohne dabei einen zeitgenössischen Stil oder sich selber zu verneinen.

Auch die neuesten Erzeugnisse von Claudia Bertini tragen Namen. Ein knöchellanges Leinenkleid mit seitlich eingesetzten Stoffinseln trägt die Bezeichnung Penisola
und ein extravagantes zweifarbiges Sommerkleid mit dem Namen Hanbury erzählt die Geschichte der terrassenförmig angelegten Giardini Botanici Hanbury bei Ventimiglia, Hauptort der sogenannten Riviera dei Fiori.

Augenscheinlich wird, dass Claudia Bertini immer wieder Zeit an der italienischen und griechischen Küste verbrachte, um den Ergänzungen ihrer Kleiderlinie diese Luftigkeit, den leichtfüßigen Gang und die Poesie zu verleihen.

Jason Klimatsas hat schon seit Jahren ein spezielles Augenmerk auf die angefangenen und nie vollendeten „Bauruinen“, die wir aus unserem Urlaub in mediterranen Ferienparadiesen wie Griechenland, Italien oder Spanien kennen. Für ihn sind es aber vielmehr skulptural interessante Formen, die er zweckentfremdet und durch seine Aneignung zwischen Realität und Utopie ansiedelt. Während er diese für ihn „gute Form“ vor einigen Jahren noch in Modell- Formate bannte und als minimale Skulpturen in Ausstellungen präsentierte, interessiert er sich heute vor allem für eine bildnerische Umsetzung ähnlicher Themen und Motive. So fotografiert er auf seinen Reisen und im Alltag W olken, Sonnenuntergänge, das Meer , V orhänge, Innenräume, rauhe Küstenlandschaften, aber immer auch Architekturen, seien dies Ruinen auf Kreta oder in Athen, die die Unvollendung oder die Geschichte mit sich brachte, oder aber Fragmente von Ansichten minimalistischer bis brutalistisch-modernistischer Bauten. Der Künstler interessiert sich für jene Momente, die uns nur allzu oft im Alltag unbeachtet begegnen und unterstreicht deren poetisches Potential. Gleichzeitig spielt er aber mit dem Klischee der entleerten Urlaubsfotografie und liefert einen Kommentar zum aktuellen Instagram-Tagebuch. Neben all den eingangs genannten verbindenden Elementen der beiden AusstellerInnen ist es nicht weiter verwunderlich, dass Claudia Bertini immer wieder béton brut-Architekturen aus dem Modernismus als Kulissen für ihre Lookbooks wählt.

Auch dieses Mal präsentiert die Designerin zusätzlich Silberschmuck, der auf Kreta handgefertigt wurde. Glänzende, grossflächige Armreifen oder vollmondartige Halsketten- Anhänger ergänzen mit Klarheit und Präzision jedes nur erdenklich kombinierbare Outfit.

Text: Alexandra Blättler, Kunsthistorikerin und Kuratorin, März 2017. 

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